Geschichte
Montlingen erhielt seinen Namen durch den kleinen Inselberg monticulus (übersetzt: «kleiner Berg») mitten im Dorf. Auf diesem in der Ebene des St. Galler Rheintals aufragenden Montlingerberg lebten bereits Menschen ab der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts vor Christus.[3] Ausgrabungen aus den 1920er-Jahren unter Hans Bessler und in den 1950er-Jahren fanden einen spätbronzezeitlichen Wall, sowie Besiedlungsspuren der Eisenzeit, die im 1. Jahrhundert n. Chr. abbricht.[4] Durch die erhöhte Lage rund 60 Meter über dem heutigen Dorf waren die Menschen von den häufigen Hochwassern des Alpenrheins geschützt und eine verkehrgeographisch günstige Lage. Diese prähistorische Höhensiedlung gehört zu den Kulturgütern von nationaler Bedeutung.
Die Ausgrabungstätte wurde von dem Historiker Werner Kuster als «die wohl reichste prähistorische Ausgrabungsstätte im Kanton St. Gallen» bezeichnet.
Das im Primarschulhaus Bergli untergebrachte Heimatmuseum gibt einen Überblick über die 3000-jährige Geschichte des Dorfes.
Die Rheinüberschwemmungen
Stiche von den Rheinüberschwemmungen vom Oktober 1868

Gesamtübersicht

Dorfteil im Tänneli
Viele Jahrzehnte musste die Montlinger Bevölkerung in grösster Armut leben. Schuld daran hatte auch der unbändige Rhein, der oft mit schweren Überschwemmungen die Talschaft heimsuchte. In den Jahren 1855, 1868, 1871 und 1890 war das Ausmass der Katastrophe besonders gross.
Am 28. September des Jahres 1868 durchbrach der Rhein den Damm sowohl in Montlingen als auch in Oberriet. Er verwandelte bis zum frühen Abend das Dorf in einen förmlichen See. Wehklagend und jammernd trieben die Leute ihre Viehhabe auf den Montlingerberg, der wie eine kleine Insel aus dem Wasser ragte. Am 4. Oktober gleichen Jahres kam es aber noch schlimmer! Jetzt fuhren beladene Schifflein kreuz und quer durch das Dorf um den unglücklichen, in ihrer Behausung eingesperrten Leuten Lebensmittel zu überbringen. Viele Bürger mussten ihre Häuser verlassen, andere hatten in die oberen Räume zu flüchten, da manche Stube gänzlich unter Wasser stand.
Nach dieser besonders tragischen Überschwemmung lief eine internationale Hilfsaktion an, durch welche die leidgeprüfte Bevölkerung etwas Linderung fand. Allein an Bargeld kam die stolze Summe von 47’000 Franken zusammen. Zudem gingen sehr viele Kleider- und Lebensmittelspenden ein. Vom 4. Oktober bis zum 27. Dezember wurde beim Pfarrhaus eine eigens eingerichtete „Suppenanstalt“ unterhalten.
Kaum hatten sich die Leute erholt, folgte im Jahre 1871 die nächste Überschwemmung. Von den 160 Häusern standen deren 140 im Wasser. Auch dieses Mal milderte eine willkommene Unterstützungsaktion aus nah und fern die ärgste Not. Die Montlinger durften wieder Geld, Kleider und Naturalien (Kartoffeln, Korn und Mehl) empfangen.
Im Jahre 1897 standen sogar über 160 Häuser mehr oder weniger tief unter Wasser. Die Aufzeichnungen berichten, dass „der Seelsorger mit seinem Schiffchen die Kranken durch das Fenster hinein besuchen musste und dass manches Bäuerlein gezwungen war, seine grunzende Lebware und anderes Kleinvieh vorübergehend in der oberen Etage seines Häuschens einzulogieren“.
Hungernde Montlinger Bevölkerung
Grosses Leid brachten die Jahre 1813 – 1820 über die Montlinger Bevölkerung und die Nachbarn der umliegenden Dörfer.
Ganz besonders hart meinte es das Jahr 1817 mit den Einwohnern der Talschaft. Wegen der anhaltend schlechten Witterung war ein Jahr schlimmer als das andere. In den Sommermonaten regnete es beinahe unaufhörlich. Nur wenige Sonnentage heiterten den sonst wolkenbehangenen Himmel auf. Durch das anhaltende Schlechtwetter konnte die Ernte nicht gut sein. Als einziges Nahrungsmittel versprach die Kartoffel einen vernünftigen Ertrag. Als dann aber an mehreren Orten der Rhein und die Bäche über die Ufer traten, war es auch um die Kartoffelernte geschehen.
Die Lebensmittel waren sehr knapp und die Preise kletterten auf unzumutbare Höhen. Einzig das Fleisch war einigermassen erschwinglich. Zufolge Futterknappheit musste nämlich das Vieh abgetan werden, sodass beim Fleisch für kurze Zeit eher ein Überfluss verzeichnet werden konnte.
Die jämmerliche Lebensmittelverknappung und die unerträgliche Teuerung versetzten unsere Bevölkerung in grosse Not. Oft musste man sich mit Knochen begnügen, welche dann abgeschabt wurden. Zudem sah man vielerorts Menschen, welche sich an den Küchenabfällen anderer gütlich tun mussten. In besonders armen Verhältnissen kochte man sogar Gras und ass dieses.
Der Hungertod war sehr häufig. Dank wohltätiger Einrichtungen und einem separaten Armenfonds musste glücklicherweise in Montlingen niemand an Hunger sterben. Für besonders Bedürftige richtete die Ortsgemeinde sogar einen zusätzlichen „besonderen Armenfonds“ ein. In Altstätten allerdings kamen mehr als 200 Personen um.
Wenn sich in jener Zeit Menschen begrüssten, horchte man vergebens nach dem „Wie geht es?“. Die Frage lautete immer: „Hast du heute schon gegessen?“. In einzelnen Teilen der Bevölkerung hat sich diese Frage zur Begrüssung bis in die heutige Zeit erhalten. Allerdings wurde sie im Laufe der Jahre – aus welchen Gründen auch immer – zu einem kurzen „Gäassa?“ abgeändert und findet nur noch bei der Begrüssung nach dem Mittagessen Anwendung.
Reben in Montlingen
Laden Sie den Text mit Bildern zum Thema „Reben in Montlingen“ als PDF-Datei herunter, geschrieben am 24. Februar 2014 von Herbert Markovits.